Sind die Leegebrucher streitsüchtiger als Einwohner in anderen Gemeinden?
Eigentlich nicht, so die Erkenntnis der beiden Schiedsleute. Schließlich kann Brigitte Zunke, die in der Gartensiedlung wohnt, bereits auf eine 21-jährige Erfahrung zurückblicken. Jürgen Nix, der seit zehn Jahren Fälle betreut, schätzt das ebenso ein.
Allerdings habe eine gewisse Aggressivität und Schärfe in der Konfliktdiskussion zugenommen, so ihre Beobachtung. Das sei aber gesamtgesellschaftlich so und würde sich auch hier widerspiegeln.
Hinzu gekommen sind neuartigere Fälle wie Stalking (Belästigungen durch Nachstellen) oder Ausspähen mit Drohnen. Dies sei aber kaum nennenswert.
Angeführt wird die Beschwerdeliste von Lärmbelästigungen, vor allem von Hundegebell, aber auch von lauter Musik.
Der Rat: Hier sei es angebracht, schon im Vorfeld einer Party mit Nachbarn zu sprechen und um Verständnis zu bitten, damit es zu keiner Missstimmung kommt. Für nervendes Hundegekläffe sei ein Gespräch mit dem Besitzer ratsam.
Die Klassiker sind nach wie vor die Nachbarschafts-Streitigkeiten, auch Tür- und Angelfälle genannt. Da geht es um Bäume und Hecken, die über den Zaun wachsen, Laub von nebenan, Regenwasser aus Nachbars Dachrinne, Gewächse, die vom eigenen Grundstück sich überm oder unterm Zaun auch beim Nachbarn ausbreiten.
Und was der eine zwar wunderbar findet, sieht der andere eben störend.
Der Rat: In aller Ruhe das Gespräch suchen und auch mal eine andere Sicht annehmen und akzeptieren, um zu einer Lösung zu kommen. Das sei auch die Aufgabe der Schiedsleute: vermittelnd in Gesprächen Hinweise und Denkanstöße geben.
Eine neue Erfahrung für die Brigitte Zunke und Jürgen Nix sei da auch Streit mit vermutlich raffinierterem Hintergrund. Erst sind die Nachbarn „dicke Tinte“. Dann plötzlich kommt es zu irgendwelchem Zoff und es wird ein Grund für „Krieg“ gesucht. Und der findet sich immer an Nachbars Gartenzaun. Das Motiv der Auseinandersetzung ist aber nicht das vorgegebene beklagte Objekt, sondern irgendetwas anderes. „Das zu durchschauen ist sehr schwer und auch für uns kaum zu beschwichtigen“, so Zunke. So landet manch gescheiterte Schlichtung dann vor dem Richter. „Leider haben wir über alle späteren richterlichen Verläufe und Ausgänge keine Rückmeldungen“, so die Streitschlichterin Zunke.
Trotzdem: Ehrenamtliche Schiedsleute sind unentbehrlich und entlasten Gerichte im Vorfeld von strafrechtlichen Privatklageverfahren. Denn: „Ziel der Schlichtungsverhandlung ist es, eine Lösung des Konfliktes zu finden, die Sie beide als fair akzeptieren und eigenverantwortlich und freiwillig vereinbaren“, heißt es auf dem amtlichen Papier der Schiedsstelle.
Die Wahl für die Schiedsleute steht in diesem Jahr wieder vor der Tür. Die Entscheidung erfolgt durch die Gemeindevertretung.
Bewerben können sich Personen, die ihren Wohnsitz im Ort haben und mindestens 25 Jahre alt sind. Kandidaten können eine formlose Bewerbung beim Ordnungsamt der Gemeinde Leegebruch bis zum 24. Mai 2017 einreichen. Nachfragen unter: (03304) 24 96-17, Frau Wirth.
Nachgehakt von
Liane Protzmann