Bekannt und Prominent

Eddie Fischer, Theaterplastiker (Foto: Hajo Eckert)

Das vom Geschichtsverein herausgegebene Heft 3 der Leegebrucher historischen Blätter von Emmi Birkenstock ist 2006 erschienen und enthält wissenswerte Informationen über diesen südlich gelegenen Ortsteil, zu dem ja auch noch die Fläche „Fritzens Hut“ gehört, die nun endlich bebaut wird. In Ergänzung stellen wir im Journal zwei langjährig in der Gartenstadt auf Erholungsrundstücken anwesende Prominente vor, von denen bisher wohl nur wenige Leegebrucher wussten: Eddie Fischer, den weltbekannten Theater- und Kostümplastiker und im Kontrast dazu Lothar Herzog, den Stasi- Hauptmann und jahrelang stummen Diener vom DDR-Partei- und Staatschef Erich Honecker.

Als es die beliebte Gaststätte Lindengarten in der Leegebrucher Gartenstadt noch gab, hing dort ein lebensgroß nachgestalteter Kuhkopf mit einer Glocke um den Hals an der Wand. Wer läutete, der musste eine Lokalrunde spendieren.

Was viele Gäste nicht wussten: Der Macher und Spender erholte sich um die Ecke mit seiner Ehefrau Helga in einem komfortablen Bungalow am Schlangenberg. Er hieß Eduard Fischer.

Eddie, wie ihn seine Freunde riefen, war zu Lebzeiten der wohl berühmteste Theater- und Kostümplastiker weltweit.

Eddie Fischer in seiner Werkstatt (Foto: Hajo Eckert)

Eddie Fischer in seiner Werkstatt (Foto: Hajo Eckert)

1916 in Chiesch bei Karlsbad geboren war Fischer 1939 nach Thüringen übergesiedelt. Er absolvierte Ausbildungen zum Täschner, Sattler, Tapezierer und Innenausstatter. Nach Arbeiten an Theatern in Meiningen, Schwerin und in Potsdam kam Eddie Fischer 1949 nach Berlin.

Am Berliner Ensemble begann sein Aufstieg, als er für das Brecht-Stück „Mutter Courage und ihre Kinder“ für Helene Weigel ein Huhn entwickelte, das man rupfen konnte. Und immer wieder einsetzbar war.

In den Kaschier- und Theaterplastik-Werkstätten des Berliner Ensembles und beim Berliner Staatstheater entwickelte der vielseitig ausgebildete Macher den künstlerischen Beruf eines Theaterplastikers und bildete in den 70-iger Jahren Meisterschüler aus.

4000 Theatertiere und 6000 Masken schuf Eddie Fischer bis zu seinem Tod 1992. Für seine Leistungen wurde der Wahl-Leegebrucher in der DDR mit dem Kunstpreis, als Held der Arbeit und mit dem Nationalpreis geehrt.

Bertold Brecht verehrte Eddie Fischer als Genie. Dessen skurrile Figuren waren oft die wahren Hauptdarsteller in den Vorstellungen. Ochsen ließ er in der Händel-Oper „Giustino“ mit treuem Augenaufschlag und die Zunge rausstreckend über die Bühne trotten. Ein Krokodil sprang Trampolin in Dessaus Stück „Einstein“, ein dreiköpfiger Feuer speiender Drachen für Wagners Oper „Siegfried“ ließ sich Abend für Abend enthaupten.

Für Gisela May, die Grand Dame des Berliner Ensembles, war Eddie ein Unikum. Er habe alle Wünsche, auch die ausgefallensten, erfüllt. Seine Arbeiten nutzten u. a. Helene Weigel, Benno Besson, Manfred Wekwerth, Heiner Müller und Harry Kupfer für ihre Inszenierungen. Auch Konrad Wolfs Film „Goya“ gestalteten Arbeiten von Eddie Fischer mit. Gern erinnern sich Bühnen in Berlin, Halle, Leipzig, Dresden, Bonn, Nürnberg, Budapest, Wroclaw, Oslo, Wien, Brüssel, Stockholm und in den USA an die einzigartigen Plastiken und Masken des Berliner Künstlers.

Das von ihm gepachtete und bebaute Grundstück am Wall nutzt nach seinem Tod nun weiterhin die langjährige Ehefrau und Maskenbildnerin Helga Fischer weiter.

Hajo Eckert